Unabhängigkeit

Franz von Metzler und Ralf Lochmüller über unternehmerische Unabhängigkeit und Ausdauer bei der Entwicklung besserer Angebote.

Redaktion Markus Gutberlet

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Unabhängigkeit

Franz von Metzler im Gespräch mit Ralf Lochmüller

leitwolf: Metzler ist das älteste Bankhaus in Deutschland, das sich ununterbrochen im Familienbesitz befindet. Herr von Metzler, Sie prägen in der 12. Generation die Geschicke des Bankhauses. War der Name Metzler für Sie eine Verpflichtung, die Tradition in der Leitung fortzuführen?

Franz von Metzler: Wir haben letztes Jahr unser 350-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Und wir sind sehr stolz darauf, betrachten das aber auch mit besonders viel Demut, denn 350 Jahre unabhängig zu bestehen ist nicht einfach. Natürlich waren die Bank und ihre Fortentwicklung immer ein besonderes Thema bei uns zu Hause. Unsere Eltern waren aber sehr darauf bedacht, meine Schwester und mich selbst entscheiden zu lassen, unsere Berufung zu finden. Aus diesem Freiraum habe ich dann nach Studium und Tätigkeit bei einer Großbank in London ein größeres inhaltliches Interesse an der Weiterführung unserer Bank entwickelt.

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Franz von Metzler: Mitglied des Vorstandes und Miteigentümer des Bankhauses Metzler.

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Ralf Lochmüller, Managing Partner und CEO bei Lupus alpha.

leitwolf: Als Sie, Herr Lochmüller, vor 25 Jahren mit Ihren Partnern Lupus alpha aus der Taufe hoben, war Unabhängigkeit der erste Antrieb. Warum?

Ralf Lochmüller: Wir waren damals schon richtig besessen davon, uns selbstständig zu machen. Uns war aber auch klar, dass wir eigentlich nur eine Chance am Markt haben, wenn wir uns auf etwas konzentrieren, was nicht jeder macht – wenn wir uns spezia­lisieren. Und wenn es uns gelingt, ungefiltert, abseits von irgendwelchen Konzernvorgaben das gesamte Wissen in die Fondsprodukte zu bekommen. Wir lieben unsere Unabhängigkeit bis heute und würden sie niemals aufgeben.

leitwolf: Was geben 350 Jahre, in denen das Bankhaus seine Unabhängigkeit gewahrt hat, an Impulsen mit?

Franz von Metzler: Am wichtigsten vielleicht: Man muss auch disruptive, mutige Entscheidungen treffen können, um sich auszurichten auf aktuelle Entwicklungen. So war das auch vor 200 Jahren, als Christina Barbara Metzler zur Konzernleiterin ernannt wurde. Es war damals völlig ungewöhnlich, dass eine Frau ein Bankhaus leitet. Aber das ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass wir, wenn es inhaltlich richtig und sachlich geboten ist, auch vor unkonventionellen Entscheidungen nicht Halt gemacht haben. Und man versteht unsere Stärke eher, wenn man sich vor Augen führt, was wir nicht machen. Wir sind auch heute noch fokussiert auf wenige Themen: Private Banking, Asset Management, Capital Markets und Corporate Finance für Institutionen und vermögende Privatkunden. Wir bieten kein einlagenbasiertes Geschäft an, kein Kreditgeschäft. Das erlaubt uns, unser Risiko im Griff zu behalten.

„Unabhängigkeit erlaubt uns, wirklich im Interesse der Kunden stehende Lösungen anzubieten.“
Franz von Metzler

leitwolf: Welche Bedeutung hat Unabhängigkeit heute für Sie und Ihre Kunden?

Franz von Metzler: Unabhängigkeit erlaubt uns, wirklich im Interesse der Kunden stehende Lösungen anzubieten. Das kann nur funk­tionieren, wenn man wirklich langfristig denkt und auch einmal schwächere Phasen durchhält. Ich denke an die Small & Mid Caps-Expertise, die auch wir über 25 Jahre entwickelt haben, oder an unseren frühen Aufbau einer ESG-Expertise. Oder auch an unser Metzler Pension Management für die betriebliche Altersvorsorge. Ich bin mir sicher, dass ein Großkonzern das irgendwann eingestampft hätte, weil wir nach drei Jahren noch nicht die Ziele erreicht hatten. Unsere Kunden profitieren heute sehr davon, dass wir nicht zu schnell die Reißleine gezogen haben.

Ralf Lochmüller: Unabhängigkeit ermöglicht, die im Kundensinne besten Entscheidungen im Fondsmanagement zu treffen. Sie hat uns aber auch extrem geholfen, uns über die Jahre strategisch weiterzuentwickeln. Denn neuen Strategien muss man Zeit geben können. 2004 haben wir ein ganzes Jahr im Partnerkreis diskutiert, Derivate in Publikumsfonds oder Spezialfonds einzusetzen. Wir haben uns am Ende dazu entschieden, dass das ein Geschäftsfeld sein könnte, und haben danach sehr systematisch im ersten Schritt Datenbanken entwickelt, dann das Personal aufgebaut und uns so danach über zwei, drei Jahre auch eine Performance-Historie erarbeitet. Wir konnten schließlich erfolgreich Wertsicherungskonzepte aufsetzen und Volatilität als alternative Risikoprämie im Markt positionieren.

„Wir waren damals schon richtig besessen davon, uns selbstständig zu machen.“
Ralf Lochmüller

leitwolf: In Ihren beiden Häusern wird Wert auf Unternehmergeist gelegt …

Franz von Metzler: Für uns steht das unter dem Thema Verantwortung. Wir haben dadurch sehr viele Möglichkeiten, Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter zu begleiten und zu fördern, unternehmerisch zu denken und frühzeitig Verantwortung zu übernehmen. Das ist uns besonders wichtig.

Ralf Lochmüller: Unternehmergeist muss man täglich vorleben. Zusätzlich haben wir aber auch Dinge wie den jährlichen Ideenwettbewerb, bei dem die besten aus oft mehr als 120 Ideen zur Weiterentwicklung prämiert werden, wir haben unseren internen Unternehmer-Award und wir haben ein Bonus-System, das jede und jeden im Unternehmen incentiviert. Alle „tragen das Trikot von Lupus alpha“. Das spüren unsere Kunden.

leitwolf: Unabhängigkeit schafft potenziell Freiräume für Entscheidungen. Aber wie nutzt man diese ganz praktisch?

Ralf Lochmüller: Es ist in der Tat nicht immer einfach, das Rauschen des Tagesgeschäfts von den wirklich wichtigen Entscheidungen zu trennen. Wie versuchen wir das? Wir haben zum einen das Executive Committee, das sind fünf Personen. Wir treffen uns jeden Montag um 17 Uhr und diskutieren oft bis 21 oder 22 Uhr – und das machen wir schon seit 25 Jahren. Und dann haben wir natürlich für strategische Themen auch Offsites, Jahresziel-Workshops etc. Schließlich haben wir den Partnerkreis, der insgesamt aus neun Personen besteht, in dem wir ebenfalls regelmäßig über die strategische Weiterentwicklung von Lupus alpha sprechen.

Franz von Metzler: Auch wir versuchen, uns über institutionalisierte Treffen ein wenig aus dem drängenden Tagesgeschäft zu „entfernen“, um über den Tellerrand hinauszublicken. Wir haben wiederkehrende Workshops, Offsites etc. Und da ergeben sich ganz viele wesentliche strategische Entscheidungen.

leitwolf: Ihnen beiden liegt die Aktienkultur in Deutschland sehr am Herzen. Warum ist die Aktie zur Vorsorge und Vermögensbildung so unerlässlich?

Franz von Metzler: Wir haben das Bekenntnis zur Aktie schon seit vielen Jahrhunderten. Und warum? Wir haben unsere eigene Überlebensfähigkeit über die 350 Jahre darüber gesichert, dass wir am Produktivkapital beteiligt waren. So haben wir zwei Weltkriege, Napoleon in Deutschland, den Deutsch-­Französischen Krieg etc. überstanden. Gesellschaftlich ist es zudem enorm wichtig, dass wir auch in Deutschland durch das Kapital, das zur Vorsorge angelegt wird, deutsche Bundesbürger im Kapitalmarktkreislauf einbinden.

Ralf Lochmüller: Das Bewusstsein ist da, dass man nicht nur auf die staatliche Rente setzen kann, sondern dass man selbst etwas tun muss für eine attraktive Altersvorsorge – in der betrieblichen Altersvorsorge, aber auch privat. Insofern glaube ich, dass das Thema Durchdringung der Aktien in der nächsten Generation noch deutlich stärker zunehmen wird – und das ist auch gut so.

leitwolf: Vielen Dank für das Gespräch!

Franz von Metzler setzt gemeinsam mit seiner Schwester Elena die Familien­tradition der Führung des Bankhauses Metzler in der 12. Generation fort. Seit mehr als 350 Jahren nutzt Metzler seine Unabhängigkeit, um sein Dienst­leistungsspektrum kundenorientiert weiterzuentwickeln.

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