Partnerschaftlichkeit

Dr. Annika Clauss und Michael Frick sprechen über die Besonderheiten der partnerschaftlichen Konzepte in ihren Unternehmen.

Redaktion Kathrin Lochmüller

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Partnerschaftlichkeit

Dr. Annika Clauss im Gespräch mit Michael Frick

leitwolf: Frau Dr. Clauss, Sie sind Rechts­anwältin und Notarin und langjährige Partnerin bei der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller. Sie besitzen sowohl den juristischen Doktortitel als auch den Master of Laws, haben nebenbei noch Sinologie studiert und bereits mit 36 Jahren als erfolgreiche M&A-Partnerin auf sich aufmerksam gemacht. Wie kommt man zu so einer Karriere? War Ihnen die Juristerei in die Wiege gelegt?

Dr. Annika Clauss: Ich bin tatsächlich eher das schwarze Schaf in meiner Familie. Bei uns zählen eigentlich Naturwissenschaften. Zu Jura bin ich durch einen Zufall gekommen, weil der Vater einer Freundin Anwalt war und ich öfter die Gelegenheit hatte, bei ihm zu jobben. Das, was ich heute mache, ist allerdings ganz anders als die klassische Anwaltstätigkeit, weil ich ja gar nicht in streitigen Verfahren vor Gericht auftrete, sondern Mandanten bei M&A-Transaktionen berate, wo es vor allem auf kommerzielles Verständnis ankommt und darauf, Streitigkeiten durch konstruktives Verhandeln zu vermeiden.

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Michael Frick, Managing Partner, CFO und
COO bei Lupus alpha.

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Dr. Annika Clauss: Rechtsanwältin,
Notarin und Partnerin bei der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller.

leitwolf: Herr Frick, Sie sind gleich in den ersten Monaten nach Gründung zu Lupus alpha gestoßen. Was hat Sie damals, Anfang der 2000er-Jahre, dazu bewogen, zu einem Start-up im Asset Management zu gehen?

Michael Frick: Ich habe nach dem Studium bei einer großen amerikanischen Unternehmensberatung gearbeitet und dort erste Projekte im Asset Management betreut. Dabei habe ich die künftigen Gründungspartner von Lupus alpha kennenlernen dürfen, die wir bei der strategischen Ausrichtung und Organisa­tion beraten haben. Als die Gründungspartner mich im Laufe der Zusammenarbeit fragten, ob ich nicht zu Lupus alpha kommen wolle, habe ich nicht lange gezögert. Die DNA von Lupus alpha hat mir sehr gefallen und ich fand es extrem spannend, ein neues Unternehmen mit aufzubauen, Prozesse zu definieren und Teil des partnerschaftlichen Konzepts zu sein.

„Partnerschaftliche Modelle funktionieren in Krisenzeiten besser als andere.“
Michael Frick

leitwolf: Partnerschaftlichkeit war von Anfang an ein zentraler Wert bei Lupus alpha und hat bis heute eine hohe Wichtigkeit. Können Sie uns erläutern, was das partnerschaftliche Konzept bei Lupus alpha genau ausmacht?

Michael Frick: Lupus alpha wurde von fünf Partnern gegründet, die jeweils einen Unternehmensbereich verantwortet haben. Dann sind wir relativ stark gewachsen und haben schnell festgestellt, dass wir eine Erweiterung des Partnerschaftskonzeptes brauchen. Lupus alpha ist ja eine „Brain Company“, wir haben keine Patente oder Maschinen. Unser Erfolg hängt 1:1 von dem Know-how unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Daher haben wir unser Konzept weiterentwickelt, um neue Leistungsträger akquirieren und binden zu können, die das Unternehmen aktiv mitgestalten. Als Partner arbeitet man bei Lupus alpha zum Beispiel an den strategischen Unternehmenszielen mit und ist natürlich auch am finanziellen Erfolg beteiligt.

leitwolf: Frau Dr. Clauss, Großkanzleien sind ja auch oft als Partnerschaft organisiert. Was ist das Besondere dieses Konzepts bei Hengeler Mueller?

Annika Clauss: Bei Hengeler ist Partnerschaftlichkeit ebenfalls ganz zentral. Wir Partner sehen uns als „Unternehmer“. In unserem jeweiligen Bereich sind wir selbst in der Verantwortung und an strategischen Entscheidungen beteiligt. Alle Partner setzen sich zweimal im Jahr zusammen, um zu besprechen, was wichtig ist. Und was bei uns in Abgrenzung zu den meisten anderen Kanzleien besonders ist: Wir sind ein reiner „Lockstep“, das heißt, dass wir alle in einen Topf wirtschaften und auf der gleichen Senioritätsstufe auch gleich viel verdienen. Das hat den Vorteil, dass wir gleichermaßen incentiviert sind, wirklich an einem Strang ziehen und uns intern keine Konkurrenz machen.

leitwolf: Wie fördern Sie potenzialstarke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis hin zur Partnerschaft?

Annika Clauss: Das ist ein sehr wichtiges Thema für uns, wir sind ja ebenfalls eine Brain Company. Zum einen haben wir sehr flache Hierarchien, was bedeutet, dass junge Anwälte und Associates bei uns sehr eng mit den Partnern zusammenarbeiten, so früh in Mandantenkontakt kommen und Verantwortung übernehmen. Dieses Feedback „on the go“ ist aus meiner Sicht das Wichtigste, damit sich junge Leute gut entwickeln, da sie einfach immer dabei sind und erleben, wie das Beratungsgeschäft läuft. Zum anderen bieten wir aber auch Fortbildungsprogramme an, zum Beispiel eine Kooperation mit der Universität St. Gallen für den Executive MBA oder auch Mentoring und individuelle Coachings, mit denen jeder an seinen persönlichen Themen arbeiten kann.

Michael Frick: Wir versuchen, immer einen ausreichend großen Pool von Talenten zu halten. Im Schnitt beschäftigen wir acht bis zehn Werkstudenten in den verschiedensten Bereichen. Neben fachlichen Weiterbildungen wie CFA® oder CESGA®, die wir unterstützen, ist es bei uns auch vor allem das „learning on the job“. Junge Talente beginnen bei uns als Junior, zum Beispiel im Vertrieb, Portfolio- oder Risikomanagement, und machen dort ihre ersten Karriereschritte. Wir fördern sie darüber hinaus mit Sonderprojekten, lassen sie bei den Jahreszielen und bestimmten Initiativen mitarbeiten. Auf diese Weise können sie die „Lupus alpha DNA“ aufnehmen und am Ende des Tages als Multiplikator in der Partnerschaft weitergeben. Von unseren aktuell neun Partnern haben drei Partner entweder als Werkstudent oder Junior bei Lupus alpha begonnen.

„Unsere Mandanten können immer sicher sein, dass sie vom besten Anwalt beraten werden.“
Dr. Annika Clauss

leitwolf: Frau Dr. Clauss, Herr Frick, wir haben jetzt viel darüber gesprochen, dass Partnerschaftlichkeit intern einen Wert hat – für Ihre Unternehmenskultur und für Ihre Nachwuchssicherung. Aber was haben Ihre Kunden davon?

Annika Clauss: Ich bin davon überzeugt, dass eine partnerschaftliche Struktur direkte Vorteile für Kunden hat. Da wir, wie bereits geschildert, ein Lockstep sind, hätte man als Partnerin oder Partner bei uns gar nichts davon, wenn man zum Beispiel Mandanten bei sich behält, auch wenn man selbst vielleicht gar nicht die Expertin bzw. der Experte für die jeweilige Fragestellung ist. Wir geben Fragen, die nicht in unser Fachgebiet fallen, immer an die Kollegin oder den Kollegen ab, die oder der dafür am besten ist. Das heißt, dass unsere Mandanten immer sicher sein können, dass sie bei uns vom besten Anwalt beraten werden. Das ist ein sehr wichtiger direkter Vorteil.

Michael Frick: Positiv ist auch die hohe Kontinuität. Wir haben viele Kunden, die teilweise schon über 20 Jahre investiert sind und seitdem immer denselben Ansprechpartner bei uns haben. Solche langfristigen Beziehungen schaffen hohes gegenseitiges Vertrauen – und damit auch die Basis für Krisenzeiten. Partnerschaftliche Modelle funktionieren in Stresssituationen meiner Meinung nach besser als andere Modelle, da sie Stabilität und Verlässlichkeit bieten – nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Mitarbeiter. Und noch etwas: Die partnerschaftliche Struktur gibt uns Zeit, neue Dinge auszuprobieren. Wir sind nicht auf den schnellen Schuss angewiesen, sondern wir können uns wirklich Zeit lassen, Dinge lösungsorientiert nach vorn zu entwickeln.

leitwolf: Frau Dr. Clauss, Herr Frick, ganz herzlichen Dank für das Gespräch!

Dr. Annika Clauss berät im Gesellschafts­recht und bei nationalen sowie grenz­überschreitenden M&A-Transaktionen, insbeson­dere mit Bezug zu Asien. Neben ihren juristischen Ausbildungen hat sie Sinologie studiert und war einige Jahre in China als Anwältin tätig.

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