Aktives, mutiges Handeln

Stefan Fuchs und Dr. Götz Albert sprechen über die Notwendigkeit, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen und gegen den Konsens des Marktes zu handeln.

Redaktion Kathrin Lochmüller

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Aktives, mutiges Handeln

Stefan Fuchs im Gespräch mit Dr. Götz Albert

leitwolf: Herr Fuchs, Ihr Großvater hat FUCHS 1931 gegründet, Sie führen das Unternehmen also in dritter Generation. War es für Sie immer klar, dass Sie einmal in die Fußstapfen Ihres Vaters und Groß­vaters treten werden?

Stefan Fuchs: Für mich war immer klar, dass ich das nicht tun werde. Als ich in der Schule und Universität war, wollte ich diesen Weg nicht gehen. Ich bin dann aber 1994, als ich mit dem Studium fertig war und eigentlich schon bei einer anderen Firma unterschrieben hatte, für FUCHS drei Monate in die USA gegangen und war dort mit dem Vertrieb unterwegs. Dabei habe ich die große Bandbreite und Viel­fältigkeit des Geschäfts kennengelernt
und auch die spezielle Kultur, die wir hier leben. Da war mir klar, da will ich anfangen. Und das habe ich bis heute nicht bereut.

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Dr. Götz Albert, Managing Partner, CIO und verantwortlich für den Bereich Portfolio-Management.

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Stefan Fuchs: Mehrheitseigentümer und Vorstandsvorsitzender der FUCHS SE.

leitwolf: Das Unternehmen mitten in der Weltwirtschaftskrise zu gründen erforderte sicherlich viel Mut, aber auch Bescheidenheit. Spiegelt sich diese Haltung auch heute noch in der Firma wider?

Stefan Fuchs: Was mein Großvater damals gewagt hat, war wirklich bewundernswert. Er starb leider sehr früh, mein Vater war nur 20 Jahre alt. Er hat das Unternehmen dann mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern übernommen. Es gab für ihn nur Wachstum und schließlich den Gang an die Börse. Mir wurde immer in die Wiege gelegt, ein ganz normaler Mensch zu sein. Von daher ist Bodenständigkeit bei uns heute noch ganz wichtig in der Firma. Aber genauso ist es auch mutiges Handeln. Man kann nur falsche Entscheidungen treffen, wenn man keine Entscheidungen trifft. Diesen Unternehmergeist haben wir als Firma beibehalten bis zum heutigen Tag.

„Wir geben unseren Portfolio-Managern extrem hohe Freiheitsgrade, was jeden Tag aufs Neue einen gewissen Mut erfordert.“
Dr. Götz Albert

leitwolf: Herr Dr. Albert, woher nahmen Sie vor mehr als 20 Jahren den Mut, zu einem Asset Manager zu gehen, der sich ausgerechnet auf Werte des gerade geplatzten Neuen Marktes spezialisiert hatte?

Dr. Götz Albert: Einer der Gründungspartner, der leider viel zu früh verstorbene Karl Fickel, hatte mich am Rande einer gemeinsamen Interviewrunde zum deutschen Aktienmarkt angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, zu Lupus alpha zu kommen. Ich war damals Leiter einer Research-Einheit und Karl mein Kunde. Interesse am Portfolio-Management hatte ich schon immer, daher musste er mich gar nicht lange überzeugen. Nach einer ersten Position im institutionellen Vertrieb von Lupus alpha bin ich dann auf die Anlageseite gewechselt und seitdem für die Small & Mid Caps-Strategien verantwortlich.

leitwolf: Die im MDAX notierte FUCHS SE kennen Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit ja schon lange. Was gefällt Ihnen an einem Unternehmen wie FUCHS?

Götz Albert: Wir investieren mit dem klaren Ziel, durch aktives Portfolio-Management eine Überrendite zu erreichen. Dafür verfolgen wir einen aktiven Bottom-up-Ansatz. Das setzt voraus, dass wir die Unternehmen, in die wir investieren, genau kennen und im regelmäßigen Austausch mit dem Management stehen. Neben einem guten Geschäftsmodell achten wir sehr auf fundamentale Qualität. Das alles ist bei FUCHS gegeben. Zusätzlich überzeugt uns, dass FUCHS in den Jahren 2016 bis 2022 ein großes Investitionsprogramm durchgeführt hat, um in seine Struktur zu investieren und in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten einen operativen Leverage zu haben. Das führt letztendlich zu einer hohen Dividendenkonstanz.

„Man kann nur falsche Entscheidungen treffen, wenn man keine Entscheidungen trifft.“
Stefan Fuchs

leitwolf: Herr Fuchs, Ihr Unternehmen wird häufig der Chemiebranche zugeordnet, Ihre Kunden kommen zum Teil aus der Automobil­industrie. Wie gehen Sie damit um, dass Sie mit den Krisen dieser Branchen in einen Topf geworfen werden?

Stefan Fuchs: Die Automobil- und auch die Chemieindustrie sind im Moment nicht gerade „Investor’s Darling“, das ist richtig. Wir sind allerdings so breit aufgestellt, dass ich mir da keine Sorgen mache – im Gegenteil: Wir sind der weltweit größte unabhängige Anbieter von Schmierstofflösungen. Sie finden unsere Schmierstoffe in den verschiedensten Anwendungen in aller Welt, nicht nur im Automotive-Bereich, sondern auch in der Medizintechnik oder Halbleiterindustrie. Das ist auch der Grund, warum wir 2024 ein Rekordergebnis erzielt haben und auch für 2025 positiv gestimmt sind. Das Etikett, das uns anheftet, ist eher ein kommunikatives Problem. Aber da sind wir dran.

leitwolf: Unabhängig von diesen Branchenbelastungen ist FUCHS natürlich auch ein deutsches Unternehmen, was derzeit ebenfalls nicht leicht ist.

Stefan Fuchs: Als deutscher Bürger mache ich mir tatsächlich Sorgen um Deutschland und hoffe sehr, dass die neue Regierung die drängenden Themen zügig anpackt. Als deutscher Unternehmer mache ich mir eher keine Sorgen. Wir machen in Deutschland gute Geschäfte. Wir haben in den letzten Jahren aber auch sehr viel Produktion und Know-how im Ausland aufgebaut. In den USA ist es zum Beispiel inzwischen so, dass wir mehr als 95 Prozent von dem, was wir dort verkaufen, auch dort produzieren. Wir sind in Mexiko stark, wir sind aber auch in Kanada gut vertreten. Das heißt, dass wir auch mit Themen wie Strafzöllen und Handelsbeschränkungen umgehen können.

Götz Albert: Ich habe in den letzten 20 Jahren noch nie eine so schlechte Stimmung in Deutschland gesehen was die Wirtschaft angeht. Ich glaube aber, dass mit einer vernünftigen Wirtschaftspolitik, die einem Konzept und nicht willkürlichen Einzelmaßnahmen folgt, die Stimmung relativ schnell besser werden kann. Wichtig ist, dass wir das Thema Arbeitskräfte in den Griff bekommen. Und zwar nicht nur hinsichtlich der Einstellung zur Arbeit und der geleisteten Arbeitsstunden, sondern auch hinsichtlich der Fachkräfte aus dem Ausland. Wir werden vor dem Hintergrund unserer Demografie eine positive, anreizorientierte Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt brauchen, um unser Wirtschaftsmodell am Laufen zu halten.

leitwolf: Wo haben Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn eine besonders mutige Entscheidung getroffen?

Götz Albert: Wir treffen bei Lupus alpha tatsächlich jeden Tag eine mutige Entscheidung, indem wir unseren Portfolio-Managern bei der aktiven Aktienauswahl und Portfolio-Konstruktion hohe Freiheitsgrade geben. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich nur mit dieser hohen Eigenverantwortung über­legene Anlageergebnisse erzielen lassen. Das bedeutet aber auch, den Menschen zu vertrauen. Und wenn es mal nicht funktioniert hat, zu klären, woran es gelegen hat, und dann erneut Vertrauen zu schenken und nicht mit Kontrolle oder dem Einschränken von Freiheitsgraden zu reagieren.

Stefan Fuchs: Als jüngstes Beispiel fällt mir da unser Strategieprozess FUCHS2025 ein. Der hat uns alle aus der Komfortzone geholt, weil wir uns nicht nur mit unserer Struktur und Strategie beschäftigt haben, sondern vor allem mit unserer Kultur. Wir möchten eine hierarchiefreie Kommunikation und offene Feedback-Kultur, womit sich die Deutschen schwerer tun als zum Beispiel die Amerikaner. Wir haben dafür ein weltweites Programm durchgeführt mit globalen, virtuellen Roadshows. Auch ich habe sehr viel Feedback bekommen. Das hat mich persönlich, aber auch die Firma sehr viel weitergebracht.

leitwolf: Vielen Dank für das Gespräch!

Stefan Fuchs führt die FUCHS SE mit Sitz in Mannheim in dritter Generation. Das Unternehmen ist der weltweit größte unabhängige Anbieter von innovativen Schmierstofflösungen für nahezu alle Industrien und Anwendungsbereiche mit mehr als 6.000 Beschäftigten in über 50 Ländern.

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